Projektwettbewerb im selektiven Verfahren: 2021
Bauauftraggeberschaft: gaiwo (Genossenschaft für Alters- und Invalidenwohnungen), GWG (Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Winterthur), WBG-Talgut (Wohnbaugenossenschaft Talgut)
Mitarbeit: Stefanie Peter, Fabienne Ulrich, Yeshi Wang, Yves Rechsteiner, Corinne Liebi, Lea Frauenfelder
Landschaft: Kuhn Landschaftsarchitekten, Zürich
Statik: dsp Ingenieure & Planer, Bruno Patt
Soziologie: Prof. Christina Schumacher
Collage Living
Die Geschichte des Depot Deutweg ist eine Geschichte der Veränderung, der Erweiterung und der Umnutzung. Wir möchten dieser Geschichte ein weiteres Kapitel anfügen. Das dichte Konglomerat verschiedener Hallen und Häuser, das über die Jahrzehnte zusammen gewachsen ist, wird dabei in seiner Nutzung und in seiner Erscheinung neu interpretiert. Neue Häuser bringen neues Leben auf das Areal. Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit fügen sich zu einer dichten Collage unterschiedlichster BewohnerInnen und BenutzerInnen. Der Vorschlag bildet ein nach innen und aussen vielfältige Beziehungen aufbauendes Gefüge, das eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Nutzungen vereint.
Jede der drei Genossenschaften erhält ein auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnittenes Haus. Zwei neue sechsgeschossige Längshäuser, die dem genossenschaftlichen Wohnen der GAIWO und der GWG dienen, rahmen die geschichtsträchtige Urhalle. Ein drittes Langhaus der Genossenschaft Talgut auf der Nordwestseite der Parzelle und eine neue sechsgeschossige Wohnhalle komplettieren das neue Ensemble aus parallel angeordneten Langhäusern und Hallen. Die Stahlträger, die gläsernen Oberlichter und die einfach verglasten Tore der abgerissenen Hallenteile werden für den Bau der glasgedeckten Wohnhalle wiederverwendet.
Die Konstruktion und die Materialisierung der neuen Häuser ist direkt und pragmatisch. Die primäre Tragstruktur – bestehend aus Unterzügen, Stützen und aussteifenden Wandscheiben – orientiert sich in der Materialisierung an der Tragstruktur der Urhalle. Sie bildet zusammen mit den fein lamellierten Brettstapeldecken – die man aus dem Wohnungsbau kennt – eine hybride Tragstruktur, die in ihrer Grossmaschigkeit ökonomisch in der Erstellung, nachhaltig in der Nutzung und flexibel im Gebrauch ist. Sie bildet den robusten und atmosphärischen Rahmen für Gewerbe-, Kulturräume und die Wohnungen. In diese Struktur können die individuellen Ausbauelemente der drei Genossenschaften eingewoben werden.
Wir verstehen die Nachhaltigkeit des Depots Deutweg auf sehr unterschiedlichen Ebenen. Das Gefüge mit vielseitig nutzbaren Gewerberäumen und flächeneffizienten Wohnungen sowie die informellen Kommunkationsmöglichkeiten und gemeinschaftlichen Räumen versprechen eine dichte soziale Nachhaltigkeit für die Nutzer und Bewohner. Die kompakten Baukörper mit einer kleinen Gebäudehüllzahl haben eine hohe Wirtschaftlichkeit in der Erstellung und einen geringen Heizwärmebedarf im Gebrauch zur Folge. Die einfache und effiziente Konstruktionsweise verspricht einen ökonomischen Materialaufwand. Auch die minimale zusätzliche Unterkellerung wirkt sich positiv auf die Erstellungskosten aus. Bei der Erstellung der neuen Baukörper wird auf die Verwendung nachhaltiger und langlebiger Materialien geachtet. Die Ausbildung der Deckenelemente und der Fassade in Holz als lokal nachwachsender Rohstoff ermöglicht eine sehr ökologische und CO2-arme Bauweise und hilft die Anteile der Betonkonstruktion zu reduzieren. Eine direkte, ablesbare Fügung der einzelnen Elemente ist sowohl in der Erstellung als auch im Unterhalt ressourceneffizient und entspricht dem Gedanken einer zirkulären Bauweise. Die vorgeschlagene Konstruktion und eine konsequente Systemtrennung mit einfachen vertikalen Erschliessungskonzepten für die verschiedenen Medien gewährleisten eine anpassbare Installation.
Der Erhalt der geschützten Urhalle inklusive der Erweiterung, des Gewerbebaus und des gesamten bestehenden Untergeschosses vermeiden die Vernichtung von grauer Energie. Aus den abzubrechenden Gebäudeteilen werden zudem wertvolle Bauteile wiederverwendet: Struktur, Oblichter und die verglasten Tore der Hallen für die neue Wohnhalle, das Vordach der Tankstelle als geschützter Raum im Gnossi-Hof, Verglasungen der Wagenbauerhalle als innere Verglasung des Hallenwohnens. So erfolgt ein sparsamer Umgang mit vorhanden Ressourcen und gleichzeitig trägt die Collage der neuen Bauten den Geist des Bestandes in sich.