Projektwettbewerb im selektiven Verfahren: 2023
Bauauftraggeberschaft: OSF AG, Wohlen
Mitarbeit: Stefan Noser, Jakob Streich, Yves Rechsteiner, Deborah Truttmann, Lea Frauenfelder
Landschaft: Krebs und Herde Landschaftsarchitekten, Winterthur
Tragwerk: dsp Ingenieure + Planer, Uster
Triptychon
Der Farnbühlpark ist ein Ort mit einer mannigfaltigen Geschichte. Nach der Erstellung der Bahnlinie zum Ende des 19. Jahrhunderts entstand anfangs des 20. Jahrhunderts ein Ensemble von drei Villen mit zugehörigen Parkbereichen auf dem freien Feld südlich des Bahnhofs. Auf dem Perimeter des Studienauftrags befand sich die um 1913 erstellte Villa Walser mit einem neu angelegten Parkbereich, einem vorgelagerten Kulturgarten sowie ein grosser Obsthain an der Bahnlinie. In den siebziger Jahren wurde ein Ersatzbau für die Villa im Bereich des Kulturgartens errichtet und die alte Villa abgebrochen. Der Park wurde sich selbst und der Natur überlassen und so zu einem wunderbaren Ort der Stille.
Auch heute sind auf dem Areal die drei verschiedenen Bereiche gut ablesbar:
- ein etwas ausgedünnter Obsthain auf einer grossen Wiese entlang der Bahnlinie
- ein grosszügiger Garten mit Bäumen und der neuen Villa im Bereich des ehemaligenKulturgartens
- eine verwunschene Lichtung mit wunderbarem Baumbestand im ehemaligen Park der Villa Walser
Die historisch unterschiedlich konnotierten Bereiche sollen für jeden Ort spezifische Bebauungen mit einer entsprechenden Aussenraumgestaltung für verschiedene Bewohnergruppen erhalten.
Der neue Farnbühlpark soll ein Ort für die neuen BewohnerInnen werden, aber auch ein Ort für Flora und Fauna bleiben. Die unterschiedliche Ausbildung der Bebauung auf den verschiedenen Teilen das Areals, die Verteilung der Baumasse und die Setzung der Häuser versucht dieser Prämisse gerecht zu werden. Diesem rücksichtsvollen Nebeneinander von Mensch und Natur soll in allen Phasen der Planung aber auch im Betrieb ein grosses Mass an Beachtung zukommen.
Entlang der Unteren und der Oberen Farnbühlstrasse reihen sich fünf Baukörper leicht zueinander in Höhe und Tiefe abgestaffelt zu einer Gebäudekette. Zusammen schaffen sie um die bestehenden Obstbäume einen grossen lärmgeschützten und umfriedeten Hof auf den sich alle Wohnung lärmabgewandt ausrichten können. Die Vor- und Rückstaffelungen schaffen entlang an der Farnbühlstrasse kleine Ankunftsorte mit Bäumen, Besucher- und Veloparkplätzen. Im Erdgeschoss an der unteren Farnbühlstrasse in der Nähe der Bahnhofsunterführung finden Räume für unterschiedliches Gewerbe ihren Standort. An den beiden Knickpunkten der Parzelle formen die Baukörper zwei räumlich klar gefasste Eingangsituationen zum Areal. Die platzbegrenzenden Fassaden der angrenzenden Häuser sind mit Kletterpflanzen berankt und künden so vom dahinter liegenden grünen Hof. Die einzelnen Häuser zeichnen sich durch eine zur Strassenseite hin offene, hölzerne Lauben- oder Erschliessungsschicht aus. Die vorgestellten mehrgeschossigen Stützen gliedern diese luftige Filterschicht und schaffen für die Bewohnenden schützende Tiefe zum Strassenraum. Die diagonalen Ausfachungen in der Laubenfassade tragen zur Gebäudeaussteifung bei und dienen zusätzlich als Pflanzgerüste. An den Gebäudeenden akzentuieren Treppentürme die Gebäudeabstaffelungen und helfen die einzelnen Häuser untereinander zu verketten. Zum Obsthain hin kargt die hölzerne Tragkonstruktion der Decken über die die Fassadenflucht aus und bildet vor den Wohnungen grosszügige sonnige Wohnterrassen. Die horizontal ausgerichteten Balkone schützen die dahinter liegende Fassade im Sommer vor Hitze, im Winter erwärmt die tief stehende Sonne die Räume passiv.In den fünf Häusern wechseln sich verschiedene Wohnungstypologien ab. Die unteren beiden Geschosse nehmen teilweise 4.5-Zi-Maisonetten mit zweigeschossigen strassenseitigen Essküchen und Arbeitsgalerien ein. In den oberen Geschossen sind die kleineren Etagenwohnungen angeordnet. Sie verfügen entweder analog der Maisonetten über eine grosszügige zum Laubengang orientierte Essküchen und einen hofseitigen Wohnraum mit vorgelagerter Terrasse oder über durchgesteckte Wohnhallen mit angegliederten Arbeitsküchen.Auf den Dächern der Attikageschosse sind gut zugängliche gemeinschaftliche Bereiche für Aufenthalt und Spiel, zur Wäschetrocknung und zur Aufzucht von Pflanzen gelegen. Das ehemalige Kutscherhaus findet um einige Meter versetzt im Übergang zur kleinteiligen nachbarschaftlichen Bebauung einen vermittelnden neuen Platz. Es kann eine neue Nutzung in Beziehung zum hier gelegenen Kinderspielplatz aufnehmen.
Ein vielarmiger Baukörper passt sich zwischen die mächtigen Baumkronen und Wurzelballen des Farnbühlparks. Er ist durch die Häuser am Obsthain vor Lärm geschützt. Die vertikal gegliederte hölzerne Fassade streckt sich in Richtung der Baumkronen und kommuniziert mit deren Stämmen. Verschiedene Wege führen zu einer überhohen Halle unter dem Zentrum des Hauses. An diesem luftigen Ort der Begegnung finden sich die vier Eingänge zu den verschiedenen Hausteilen, Veloabstellplätze, ein Tischtennistisch und ein Wasserbecken das Licht an die Decke reflektiert. Durch ein brunnenartiges Oblicht sickert sanftes Zenitallicht in die Mitte der Halle. Die einzelnen Hausteile sind im Splitlevel organisiert. Parkseitig orientieren sich jeweils zwei über Eck ausgerichtete Wohnungen zwischen die bestehenden Baumgruppen. Ein Dreigestirn aus einem grossem Wohn- und Essraum, einer erkerartigen Küche und einem hölzernen Balkon streckt sich an deren Spitze zwischen die Baumkronen. Im Zentrum sind die Wohnungen zu zwei oder sogar drei der durch die Arme des Hauses gebildeten Höfe hin orientiert. Sie ermöglichen überraschende Ausblicke und unterschiedliche Ausblicke. Im Zentrum des Dachs nistet sich ein für alle BewohnerInnen zugängliches begrüntes Solarium für die Gemeinschaft des Hauses ein. Ohne die Ruhe des Parks zu stören kann man hier Sonnenbaden, Federball spielen und Feste feiern. Auch kleine Pflanzgärten oder eine Möglichkeit die Wäsche aufzuhängen finden hier beiläufig platz.
Ein ephemeres Gebäude steht in der Lichtung der ehemaligen Villa Walser. Zu den gewachsenen Bäumen hält es Abstand, den Boden berührt es kaum. Die leichte Holzkonstruktion des dreigeschossigen Gebäudes ruht punktuell auf Mikropfählen aus Beton. Verschiedene Wohnformen – Geschoss-, Maisonette- und Attikawohnungen – nisten sich in eine einfache Struktur aus gefügtem Holz ein. Sie werden von Osten über das hölzerne Gerüst erschlossen und richten sich mit einer tiefen Loggiaschicht nach Westen aus. Zur offenen Lichtung hin tritt das Haus als gemeinschaftlicher Pavillon in Erscheinung. Eine stirnseitige offene Loggia für die Gemeinschaft richtet sich leicht erhöht auf die gemähte Wiese aus. Wie auf einem Hochsitz sitzt man hier in der Lichtung. Ein kontemplativer Ort zum verweilen, lesen, essen oder spielen. Es gibt eine Feuerstelle, einen Wasseranschluss und ein kleines Depot für Möbel und Spiele. Für ein Hauskonzert, eine kleine eine Aufführung oder ein Freiluftkino kann die Loggia als Bühne für ein Publikum auf der Wiese dienen.