Projektwettbewerb im selektiven Verfahren: 2019–2020
Bauauftraggeberschaft: Eisenbahner-Baugenossenschaft Bern
Mitarbeit: Lea Frauenfelder, Yves Rechsteiner, Johannes Walterbusch, Sofie Unger, Xuehan Li
Statik: dsp Ingenieure & Planer, Bruno Patt
Gebäudetechnik: echer+pauli, Philippe Hennemann, Stefan Gemperle
Nachhaltigkeit: CSD Ingenieure, Vanessa Wittler
Soziologie: Prof. Christina Schumacher
Campari Soda
Im Wohnturm entfaltet sich eine reichhaltige Welt für die Gemeinschaft. Die schlecht zu belichtende Mitte wird durch überhohe, von den BewohnerInnen aneigenbare Wohnhallen besetzt, die jeweils drei Geschosse als individualisierte vertikale Nachbarschaften zusammenbinden. Das Innere des Baukörpers ist geprägt durch die enge Verknüpfung von Erschliessung, Gemeinschaft und privaten Wohnungen. Die gegenseitigen Verbindungen und funktionalen Überschneidungen lassen sozial und räumlich dichte Konglomerate entstehen.
Die ersten beiden Geschosse bieten Raum für eine grosszügig formulierte Eingangssituation mit einer zweigeschossigen Eingangshalle im Zentrum. Sie ist Dreh- und Angelpunkt und Verteilraum für alle Nutzungen im Haus. Direkt angeschlossen sind Lift und Treppe zu den Wohnungen und zum öffentlichen Restaurant im Dachgeschoss. Eine interne Treppe führt zu den im Mezzaningeschoss platzierten Coworking-Räumen für die ganze Siedlung, über einen Durchgang erschliesst sich der Gemeinschaftsraum mit einer Bibliothek, der sich zum Siedlungsplatz orientiert. Ein zusätzlicher Eingang auf der Nordseite des Gebäudes verbindet das Haus mit der oberen Ebene des Quartiers. Die Veloräume sind auf beiden Ebenen angeordnet. Die Vertikalerschliessung mit Treppe, Lift und Schleuse liegt gut belichtet und mit Ausblick an der wegen der Geruchsbelastung durch die Kaffeerösterei nur bedingt zum Wohnen geeigneten Nordostfassade. Das gut positionierte und wertig gestaltete Treppenhaus wird für die BewohnerInnen als Shortcut zwischen den Geschossen zur attraktiven Alternative zum Lift.
Fünf dreigeschossige Erschliessungshallen in der Gebäudemitte binden jeweils drei Wohngeschosse zu überschaubaren Nachbarschaften von 12–18 Wohnungen zusammen. Über das Treppenhaus und die Schleuse sowie eine nach Süden orientierte, vielseitig nutzbare Waschküche gelangt das Tageslicht bis in die Hallen. Unterschiedlich grosse runde «Bull- oder Treppenaugen» rufen den BewohnerInnen die vertikale Verbindung zu den anderen Nachbarschaften in Erinnerung. Die Eingangsfronten zu den Wohnungen sind verglast, so dass ein direkter visueller Bezug zum Eingangsbereich der individuellen Wohneinheiten hergestellt wird. Damit tragen sie zur Belebung der Halle bei. Durch die verschiedenartige Anordnung der Erschliessungsstege und -brücken erhält jede Halle eine individuelle Prägung. Die Hallen bieten Raum für eine Vielzahl von Aktivitäten der verschiedenen Bewohnergruppen. Sie werden zu temporären oder spontan genutzten Aneignungsräumen für Spiel, Sport, Kultur, Freizeit, Kino und Festivitäten – je nachdem für die einzelne Nachbarschaften oder für das ganze Haus.
Gekrönt wird das Wohnen im Hochhaus durch eine vielfältige Dachlandschaft aus Restaurant, Ateliers und Dachgarten. Die Dachlandschaft verbindet die sich gegenseitig überlagernden gemeinschaftlichen und öffentlichen Bereiche: Die Restaurantküche holt sich frische Kräuter vom Pflanzgarten oder nutzt diesen für einen grösseren Apéro, der kleine Saal kann auch durch die BewohnerInnen für eine Versammlung gebucht werden. Ein luftiges Glashaus dient der energiesparenden Wäschetrocknung, kann aber auch als Orangerie oder als Gewächshaus genutzt werden. Anlässlich eines grossen Hausfests wird es zum wettergeschützten Bereich. Vier mit einer Pergola gedeckte Aussengartenzimmer mit Kochstellen laden alle zum Grillieren ein. Die mehrfache Deutungsmöglichkeit vieler Räume im ganzen Haus gewährleistet eine höhere Auslastung und damit einen ökonomischeren Betrieb.